OTTO NEMITZ

wird am 22. Februar 1935 in Berlin Charlottenburg geboren und ist in der Nähe des Tegeler Sees aufgewachsen. Seine Kindheit und Jugend waren geprägt von den Schrecken und Entbehrungen des Krieges und der kurzen Anarchie der Nachkriegsjahre. Dabei lernte er die Kraft, die im künstlerischen Ausdruck liegt und jene, die aus der Auseinandersetzung mit der Natur geschöpft werden kann, gleichermaßen kennen. Er erhielt früh Geigenunterricht am Konservatorium und entwickelte eine Leidenschaft für die Musik, die zu einem ersten ernsthaften Berufswunsch führte: Er wollte Violinist werden. Gleichzeitig verbrachte er viel Zeit am Ufer des Tegeler Sees, hatte bald ein Kanu und erlag der Faszination des Wassers und des weiten Himmels mit seinen unendlich variierenden Farb- und Formenspektren.

Beide Leidenschaften sollten ihn ein Leben lang begleiten und hatten einen entscheidenden Einfluss auf seine Malerei. Das Geigenspiel gab er irgendwann auf, die Liebe zur Musik blieb bestehen, er malte eigentlich nie, ohne dabei Musik zu hören. Aus dem Kanu wurden Segelboote verschiedener Ausführung, den Tegeler See lösten Nord – und Ostsee, Flüsse und Binnenseen im In- und Ausland ab. Das letzte eigene Boot war wieder ein Kanu. Der Aufenthalt auf dem Wasser und in der Natur war existenziell wichtig für ihn und für seine Malerei.

Nach dem Schulbesuch machte er eine Ausbildung im graphischen Gewerbe und besuchte Abendkurse in Zeichnen und Maltechnik. 1955 zog er nach Köln, wo er neben seiner Tätigkeit als Farbätzer Zeichenkurse bei Heiner Stemmel belegte und regelmäßig nach Paris reiste, um in den großen Museen sein autodidaktisches Studium der Malerei fortzusetzen. Im Zuge dessen erfolgte 1957 ein siebenmonatiger Italienaufenthalt in Ligurien, bei dem er sich erstmals vollständig der Malerei widmete, es entstanden Landschaftsbilder im Stil von Cezanne. Mit einer Rolle bemalter Leinwände kehrte er auf seiner Lambretta ins Rheinland zurück. Er experimentierte mit verschiedenen Stilen, neben Cezanne schulte er sich an Beckmann.

1960 besuchte er das Abendgymnasium in Düsseldorf, das er 1964 mit dem Abitur abschloss. Hier lernte er Josefine Terbuyken kennen. Er jobbte als Versicherungsvertreter, Waschmaschinenverkäufer und Friedhofsgärtner. Es entstand die erste Werkgruppe konkreter Malerei.

1964 heiratete er Josefine Terbuyken. Die beiden zogen nach Köln ins Arbeiterviertel Ehrenfeld, wo sie in einem Ladenlokal das künstlerische Nachwuchsforum "Kleine Galerie Köln" gründeten. Dort zeigten sie drei Jahre in dichter Folge Ausstellungen mit Arbeiten junger Kolleginnen und Kollegen.

Im Juli 1964 wurde die Tochter Sarah Nemitz geboren, im Juni 1965 kam die Tochter Rescha Nina- Katinka Nemitz zur Welt.

1968 erhält Otto Nemitz den Rhein -Tiber- Preis der Stadt Rom, die Stadt Köln stellt ihm ein eigenes Atelier zur Verfügung. Neben dem Studium der Kunstgeschichte, Philosophie und Theaterwissenschaft an der Universität Köln von 1968 bis 1971 entwickelt er seine Malerei weiter: der noch zweidimensionale Raum wird vielschichtiger, die Farbigkeit intensiver.

1969 und 1975 erstellt er visuelle Problemlösungen im Auftrag des Bundeskanzleramtes und des Kultusministeriums NRW.

1971 beginnt er mit der Werkgruppe der technoiden Formen, die 1974 in die der weichen Faltungen und anschließend in die harten Bildraum- Faltungen übergeht.

1977 erfolgt eine Einzelausstellung auf Einladung der Hogarth-Gallery Sydney, der sich eine Reihe weiterer Einzelausstellungen u.a. in Canberra und Melbourne in Zusammenarbeit mit dem Goetheinstitut anschließen. Otto Nemitz erweitert seinen Aufenthalt in Australien um eine ausgiebige Studienreise, bei der er einige enge Freundschaften schließt, u.a. mit dem Maler John Olsen, der auch einen Katalogtext verfasst. Es folgt ein längerer Arbeitsaufenthalt in West-Java. Die hier entstandene Skulptur Krakatau-Nr.1 aus schwarzem Bambus widmet er dem Priestervolk der Badui, das auf einem Berg unweit des noch tätigen Vulkans Krakatau lebt und dessen autarke und spirituelle Lebensweise den Künstler besonders beeindruckt hat.

Zurück in Köln erwirbt er 1979 einen kleinen Altbau in der Kölner Südstadt, den er mit großer Sorgfalt restauriert. Die 1978 begonnene Werkgruppe gemalte Bildraum-Faltungen geht 1984 in die der Bildraum-Faltungen als Sequenzen über.

Bei einer längeren Schottlandreise 1987 mit dem Zelt entsteht die Fotoserie "Stein amorph, Stein geformt". Das ausgiebige, zivilisationsferne Betrachten von Naturvorgängen führt zu helleren, behutsam modifizierten Grautönen in seiner Malerei.

1992 findet in der Villa Zanders erstmals eine Retrospektive mit Arbeiten aller Werkgruppen statt.

1993 erfolgt in der Thomas- Morus- Akademie Bensberg das Symposion "Das Spirituelle in der Gegenwartskunst, dargestellt am Beispiel Otto Nemitz", Mitwirkende sind u.a. Prof. Siegfried Gohr und Dr. Guido de Werd.

Das erste Enkelkind wird geboren, Wassily Nemitz, Sohn von Nina Nemitz und Birger Diesem. 1995 bekommen die beiden eine Tochter, Kyra Nemitz.

In diesem Jahr beginnt Nemitz mit den Werkgruppen "Zeit-Häuser" und "Echo-Bilder", wobei die Malerei erstmals die Innen-/ Außengrenzen von Raumobjekten überspringt. Die Möglichkeiten von Malerei und Skulptur addieren sich und heben herkömmliche Abgrenzungen auf.

1996 wird Nemitz Mitglied der "Gesellschaft für Kunst und Gestaltung" (GKG) in Bonn, 2002 tritt er der Bonner Künstlervereinigung " gruppe konkret" (gk) bei.

Parallel zu der Arbeit an "Zeit-Häusern" und "Echo-Bildern" entsteht ab 1999 die Werkgruppe der "Schatten-Räume".

2007 beginnt Nemitz mit der Werkgruppe "Raumbilder", die sein malerisches Oeuvre abschließen sollten, in den letzten Jahren beschäftigt er sich hauptsächlich mit Arbeiten auf Papier.

2010/11 vermacht er der Städtischen Galerie Villa Zanders in Bergisch Gladbach und dem Wilhelm- Hack Museum in Ludwigshafen(Rhein) zwei großzügige Schenkungen, die 2011 in den jeweiligen Museen ausgestellt werden.

Otto Nemitz stirbt am 14. Januar 2012 im Kreis seiner Familie in Köln.

2015 überlässt Josefine Nemitz einen repräsentativen Teil des Nachlasses der Stiftung für konkrete Kunst und Design in Ingolstadt. Den dokumentarischen Nachlass sichert sie 2016 dem Rheinischen Archiv für Künstlernachlässe (RAK) in Bonn zu.